Schicksal – Kismet
Im Dezember 1987 – vor nun mehr als 35 Jahren – wären meine beiden Geschwister und ich beinahe Halbwaisen geworden. Ich kann mich noch gut erinnern, als ich von meinem Turnlehrer im Umkleidebereich des mittlerweile geschlossenen Dianabads im 2. Wiener Gemeindebezirk gerufen wurde. Meine Mitschüler und ich waren schwimmen und zogen uns gerade eilig um, um wieder rasch in die Schule gehen zu können.
In knappen Worten sagte mir mein Turnlehrer – ich war noch glitschnass – , dass meine Mutter soeben in der Schuldirektion angerufen hatte, woraufhin die Schulsekretärin sofort hier im Schwimmbad angerufen hatte, um ihn – meinen Turnlehrer – ausrufen zu lassen. Mein Turnlehrer sagte mir, dass er „soeben kurz und knapp über etwas Wichtiges, das ich sofort wissen müsse“ informiert wurde. Ich spürte förmlich, dass mein Turnlehrer, der stets schweigsam war, versuchte, die richtige Worte für eine furchtbare Botschaft zu finden. Ich spürte, dass er mir eine unangenehme Nachricht überbringen musste. Ich wurde unruhig, vielleicht auch blass, weswegen er fortfuhr. Er sagte mir kurz und bestimmt, dass mein Vater soeben einen schweren Autounfall hatte, aber nur leicht verletzt und wohlauf wäre.
Ja, die Meldekette – die Kommunikation – funktionierte rasch und zuverlässig, wenn dies notwendig war, auch ohne Handys und ohne stets erreichbar zu sein. Die Mobiltelefonie hielt erst ein paar Jahre später Einzug.
Wie durch ein Wunder war nur der linke Unterschenkel meines Vaters geprellt. Der alte französische Pkw, den mein Vater nie hergeben wollte, war nach diesem Unfall ein Totalschaden.
Ich kann mich noch gut erinnern, dass sich mein Vater noch erkundigte, ob und wenn ja, wie viel die Reparatur seines alten beige-farbenen Peugeots kosten würde? Das war kurz nach dem Unfall, als der Peugeot noch wie eine Ziehharmonika gefalten am Straßenrand stand. Als dann Unbekannte das Wrack in Brand steckten und der Innenraum komplett ausbrannte, wurde die Havarie – „endlich“, wie meine Mutter sagte – polizeilich abgeschleppt und entsorgt und damit Reparatur-Fantastereien auch ein Riegel vorgeschoben. Ich bin überzeugt, dass wenn dies nicht passiert wäre, das Auto heute noch fahren würde.
Ich weiß nicht mehr, wer genau die Fotos des total zerstörten Peugeots 504 gemacht hatte. Meine Mutter hatte mir die Fotos jedenfalls kurz vor ihrem Tod zur weiteren Verwendung gegeben.
Boris
20/01/2023 @ 21:07
An den Peugeot kann ich mich gut erinnern, auch wie Dein Bruder und Du das verschneite Auto mit leeren Plastik Eisbechern (Piper??) vom Schnee befreit habt.
fahmy.blog
23/03/2023 @ 21:28
ja, und regelmäßig halfen alle anderen Autofahrer und auch Kinder im Grätzel zusammen, um die Autos im Winter zum Laufen zu bringen. Sie befreiten die Autos vom Schnee, gaben sich gegenseitig Starthilfe, schoben die Autos mit aller Kraft an, bis endlich der Motor startete und freuten sich, wenn der Motor wieder tuckerte oder schnurrte.
Winterliche Romantik in den 1980ern – dem Jahrzehnt des schlechtesten Geschmack.